ET hat nicht nach Hause telefoniert
Text von Matthias Matting
Astronomen haben erstmals den Ursprung eines so genannten Fast Radio Burst gemessen – eines blitzschnell ablaufenden Energie-Ausbruchs im Radiowellenbereich
Das Phänomen des Fast Radio Burst (FRB) kennt die Menschheit erst seit knapp neun Jahren. 2007 entdeckten Astronomen erstmals ein ungewöhnlich starkes, aber sehr kurzes Signal in Archivmaterial des australischen Parkes-Radioteleskops, das dieses sechs Jahre vorher empfangen hatte. Inzwischen sind 17 solcher Pulse bekannt, und ihnen sind Eigenheiten gemeinsam, die sie zu einem der derzeit spannendsten Phänomene des Kosmos machen. FRBs sind nämlich, und das macht ihre Entdeckung so schwer, enorm kurz. Nur wenige Tausendstel Sekunden lang lassen sie sich aufzeichnen. Das hat den großen Nachteil, dass man nur die grobe Richtung kennt, aus der sie gekommen sind – eine konkrete Quelle ließ sich bisher nicht zuordnen.
Bei anderen Signalen können sich Astronomen stets darauf verlassen, dass sich zumindest ermitteln lässt, wie lange sie unterwegs waren. Die Expansion des Weltalls führt ja immer zu einer Rotverschiebung; das Signal verschiebt sich also in Richtung größerer Wellenlängen, weil es gewissermaßen durch die Expansion des Kosmos „gedehnt“ wird.
Kennt man die Entfernung und die gemessene Energie, lässt sich extrapolieren, wie stark die Quelle gewesen sein muss. Und daraus lassen sich wiederum Rückschlüsse auf die Ursache des Ausbruchs ziehen: Wenn ich weiß, dass eine Quelle bestimmter Helligkeit einen Meter entfernt ist, kann ich eine Kerze vermuten – bei acht Milliarden Lichtjahren kommt wohl nur ein Quasar in Frage. Weil FRBs aber so kurz sind, fehlt diese Information.
Das führte in der Anfangszeit sogar dazu, dass man von vorzeitig geöffneten Mikrowellen-Türen emittierte Strahlung als FRB gemessen hat. Geradezu geblüht haben die Spekulationen um mögliche Ursachen, die vom Verdampfen eines Schwarzen Lochs, dem Verschmelzen zweier Neutronensterne, dem Zusammenstoß zweier Weißer Zwerge, einer Eruption in der Chromosphäre eines Sternes bis hin zu zufällig von uns aufgefangenen Puls-Signalen außerirdischer Weltraum-Baken reichen.
Mit den FRBs könnte man den Kosmos durchleuchten
Trotzdem haben die Radio-Ausbrüche schon interessante Informationen geliefert. Sie sind nämlich einem Effekt unterworfen, der sich Dispersion nennt. Wenn Sie weißes Licht durch ein Prisma betrachten, wird der Effekt deutlich: die einzelnen Farben werden je nach Wellenlänge unterschiedlich gebrochen und dadurch getrennt. Ähnliches passiert mit den Radiowellen eines FRB: Diese werden von dem Medium, das sie durchqueren, dem interstellaren Raum und insbesondere den darin befindlichen elektrischen Ladungen, je nach Wellenlänge unterschiedlich beeinflusst.
Das führt dazu, dass die Maxima je nach Wellenlänge mit leichter Verzögerung eintreffen. Misst man nun diese Verzögerung, kann man auf die Eigenschaften des kosmischen Mediums schließen, also zum Beispiel auf seine Dichte. Mit den FRBs könnte man also den Kosmos durchleuchten, was insbesondere bei der Suche nach Dunkler Materie hilfreich ist.
Umso spannender ist, was Forscher nun in einem Paper im Wissenschaftsmagazin Natureberichten. Ein Team, erneut am Parkes-Observatorium, konnte am 18. April 2015 den FRB 150418 im Radiobereich messen – und kurze Zeit danach mit dem schnell auf die Empfangsregion ausgerichteten Australia Telescope Compact Array in zwei Frequenzbereichen eine schnell abnehmende Quelle ausfindig machen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit das „Nachglühen“ des FRB-Ereignisses darstellt.
Aus dieser elliptischen Galaxie kam der beobachtete FRB. (Bild: David Kaplan & Evan Keane)
Die Quelle befindet sich demnach in einer elliptischen Galaxie in etwa sechs Milliarden Lichtjahren Entfernung. Daraus lässt sich nun auch die Energie des Ausbruchs berechnen, der (im Radiowellenbereich) etwa eine Milliarde Mal so energiereich wie unsere Sonne (im sichtbaren Bereich) gewesen sein muss.
Zusammen mit der Herkunft aus einer vorwiegend aus sehr alten Sternen aus der Frühzeit des Universums bevölkerten elliptischen Galaxie schränkt das die möglichen Entstehungsursachen deutlich ein, etwa auf die Verschmelzung zweier kompakter Objekte, womöglich zwei Neutronensterne. Der gemessene FRB ist allerdings insofern untypisch, als er anders als die meisten bisher gemessenen extragalaktischen Ursprungs ist. Die Forscher vermuten deshalb, dass FRBs als Ergebnis von wenigstens zwei unterschiedlichen Prozessen entstehen können.